Samstag, 23. August 2014

Vierbeinige Freunde fürs Leben

"Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast."

Antoine de Saint-Exupéry

(Aus: Der kleine Prinz)






Lisa ist ein fröhliches Mädchen, das Tiere liebt und sich nichts sehnlicher wünscht als einen Hund. Sie malt sich aus, wie schön es wäre, mit ihrem Hund spazierenzugehen, ihn zu füttern und zu pflegen, mit ihm zu spielen und ihm Kunststücke beizubringen. 

Ihre Eltern sehen das anders. Sie geben zu bedenken, dass ihre Wohnung zu klein ist, dass ein Hund viel Zeit und Zuwendung braucht, dass die Familie auch in den Urlaub fahren will und ein Hund dann nicht einfach abgeschoben werden kann. Lisa gibt nicht auf und hat auf jeden Einwand ein Gegenargument, aber alles hilft nichts: Kein Flehen und Betteln, nicht einmal auffälliges "Bravsein" und freiwilliges Helfen im Haushalt, - auch keine Wutausbrüche. Selbst als sie das Essen verweigert, sind die Eltern zwar sehr besorgt, aber sie kaufen ihrer Tochter noch immer keinen Hund. Lisa beschließt, dass es so nicht weitergehen kann. Sie hat einen Einfall - und setzt ihn augenblicklich in die Tat um!

Helga Bansch: Lisa will einen Hund
Verlag NordSüd, 2009, Zürich
ISBN: 978-3-314-01678-3

€ 12,95
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Helga Banschs pfiffiges Hundebuch mit den schönen und humorvollen Illustrationen gehört zu den Bilderbüchern, die sich die Kinder im Kindergarten immer wieder vorlesen lassen. Wie Lisa wünschen sich viele ein eigenes Haustier, manche haben auch eines oder mehrere zuhause, manche besuchen Großeltern oder andere Verwandte oder Freunde, die Tiere haben. So sind ihre Erfahrungen mit Tieren ganz unterschiedlich. Immer wieder sind wir beim Anschauen des Buches über Haustiere und auch über andere Möglichkeiten, sich um ein Tier kümmern zu können, ins Gespräch gekommen.

Über eines waren sich alle einig: Ein Tier ist kein Spielzeug. Es ist auf unsere Fürsorge angewiesen - und das immer! Da kann es auf keinen Fall nach Lust und Laune gehen. Dafür gewinnen wir einen Freund fürs Leben. Und einen Freund lässt man nicht im Stich. Niemals!


Die Verantwortung für ein Tier - auch für das allerkleinste - ist eine ernste Sache, und den meisten Kindern ist es damit ernst. Aber Verantwortung allein zu tragen kann manchmal zuviel werden; sie kann uns, wie wir dann oft sagen "über den Kopf wachsen". Es ist einfach nicht fair, wenn die Großen sagen: "Gut, ich kaufe dir ein Tier, damit du endlich Ruhe gibst, aber ich will nichts damit zu tun haben. Du hast alleine dafür zu sorgen!" So etwas ist für ein Kind nicht zu schaffen. Manchmal nicht einmal für einen Erwachsenen! Gut für ein Tier sorgen bedeutet viel Arbeit. Es kann auch einmal Probleme machen. Oder krank werden. Dann braucht man Rat, Hilfe und Unterstützung. 

Wer über ein eigenes Tier nachdenkt, sollte sich ernsthaft fragen, ob denn die ganze Familie ein Tier möchte und bereit ist, sich die Verantwortung zu teilen. Dann können auch alle gemeinsam Freude an dem Tier haben. Ist dies aber nicht so, werden Mensch und Tier nicht glücklich. Dann ist Plan A nicht durchzuführen. 

Aber wie wir bei Lisa sehen können, gibt es noch Plan B. Ich denke, ich werde keinem die Vorfreude auf das Buch verderben, wenn ich erwähne, dass Lisa sich einen Leihhund sucht und einen solchen auch findet und ihn lieb gewinnt. Die Kinder im Kindergarten halten das übrigens für eine sehr gute Idee. Oft erzähle ich ihnen von meiner Leihkatze, dem sechzehn Jahre alten schwarzen Kater Felix. Nein, gar nicht ganz schwarz; wer genau hinschaut, sieht den Ansatz zu einem weißen Lätzchen!


Er gehört zu den Besitzern des Hauses, in dem ich eine Dachwohnung gemietet habe, und er kommt zu mir herauf, wann immer er Lust hat. Von Anfang an habe ich mich gefreut, in ein Haus zu ziehen, in dem bereits eine Katze wohnt. Wenn man mich fragt, sage ich, ich wohne in einem "Miez-Haus"!

Einer eigenen Katze gegenüber hätte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich sie tagsüber zu lange allein lassen müsste. Felix jedoch hat noch seine Familie und vermutlich noch mehr Freunde in der Straße, von denen wir gar nichts wissen, denn Katzen haben so ihre Geheimnisse!



 
Ein Leihtier bedeutet nicht, keine Verantwortung zu haben. Es kann ebenso zu einem vertrauten Freund werden wie ein eigenes. Und wie es der Fuchs in der Geschichte vom Kleinen Prinzen sagt: Wir sind zeitlebens verantwortlich für das, was wir uns vertraut gemacht haben. Es bedeutet für mich, dafür zu sorgen, dass immer eine Schale frisches Wasser vor der Tür steht, vor allem im Sommer, und auch in meiner Wohnung stets eine saubere Toilettenkiste mit frischer Streu für dringende Bedürfnisse bereit zu halten. Es bedeutet auch öfters einmal, nachts aufzustehen, wenn ich höre, wie der Regen aufs Dachfenster prasselt, zwei Treppen hinunterzulaufen und nachzusehen, ob die Katze, die als Freigänger nachts gern draußen ist, vielleicht lieber herein möchte. Und es bedeutet natürlich, ihr mein geliebtes Sofa jederzeit zur Verfügung zu stellen und mich auch einmal woanders hinzusetzen, wenn sie gerade meinen Stuhl besetzt hält.


Noch nicht einmal mag ich mehr für lange Zeit wegfahren, obwohl ich das jederzeit könnte. Der Gedanke, die Katze könnte traurig vor meiner Tür sitzen und nicht verstehen, warum ihr niemand öffnet, beschäftigt mich während er ganzen Zeit, die ich woanders verbringe. Von einem Freund kann man nicht einfach "Urlaub machen" und nicht mehr an ihn denken, das geht nicht! 

Und auch für einen Leihhund, wie Lisa ihn schließlich findet, wäre es schlimm, eines Tages plötzlich nicht mehr zum Spazierengehen und Spielen abgeholt zu werden, wenn sie womöglich irgendwann keine Lust mehr dazu hätte. So wie wir Lisa aber im Buch kennengelernt haben, ist solches zum Glück nicht zu befürchten. Wer so lange um einen Hund gekämpft und niemals aufgegeben hat, hat gewiss das Zeug, einem Tier ein Freund fürs Leben zu sein.

Dass Ihr - Kleine wie Große - stets Freunde fürs Leben - egal mit wieviel Beinen! - findet und daran denkt, gut für sie zu sorgen, wünscht Euch

Betty