Sonntag, 13. Juli 2014

Von Schmetterlingen und Büchern...

“Ein schönes Buch ist wie ein Schmetterling.
Leicht liegt es in der Hand,
entführt uns von einer Blüte zur nächsten
und läßt den Himmel ahnen.”

Lao-Tse
Manchmal verhält es sich etwas schwierig mit Worten, die jemandem zugeschrieben werden, der vor vielen hundert Jahren gelebt hat - wie hier der weise Mann Laotse im alten China. Denn niemand weiß heute mehr, ob er dies nun wirklich genauso gesagt hat. Und niemand mehr, der zur selben Zeit gelebt hat, ist heute noch auf dieser Welt, um es bezeugen zu können und zu sagen: "Ja, das stimmt, das habe ich selbst von ihm gehört!"

Möglich ist es dennoch, dass er diese Worte sagte. Es gab Bücher im alten China, nicht nur von Hand geschriebene, - auch das Drucken kannte man zu dieser Zeit dort schon, - viele hundert Jahre früher als bei uns in Europa. Und man hat dort auch schon viel früher gewusst, wie man Papier herstellen kann. Durchaus möglich also, dass dieser kluge Mann Laotse seine eigenen Worte aufschrieb. Und dass er sich mit Büchern auskannte. Und mit Schmetterlingen sowieso!

Sicher ist: Irgend jemand fand diese Worte schön, hat sie weitererzählt oder vielleicht sogar aufgeschrieben. Und wieder andere haben sie gehört, erzählt, aufgeschrieben und immer wieder abgeschrieben. Vielleicht haben sie die Worte beim Erzählen oder Abschreiben auch immer ein wenig verändert. Wir wissen es nicht. Aber sie alle hatten eines gemeinsam: Der Spruch mit dem Buch und dem Schmetterling gefiel ihnen, und sie haben ihn mit anderen geteilt und ihn weitergetragen, bis er irgendwann auch hierher zu uns gefunden hat. 

Und nun finde ich wiederum, er passt sehr schön. Weil ich nämlich vor wenigen Tagen das große Glück hatte, dass dieser bei uns selten gewordene Schmetterling - ein Schwalbenschwanz - auf den Lavendelblüten in einem Burggarten brav sitzen blieb, bis ich ihn fotografiert hatte. So etwas passiert nicht so oft!

Auch ein weiterer Schmetterling, ein Heufalter, der sonst immer viel zu schnell für die Kamera ist, hat mir diesen Gefallen getan. So viel Glück auf einmal ist eigentlich fast unglaublich! Ich kann ihn Euch allerdings nur mit zusammengefalteten Flügeln zeigen. Er hat die Eigenart, sie nur zum Fliegen kurz aufzuklappen, aber er entfaltet sie nie, wenn er auf einer Blume oder einem Blatt sitzt. Dennoch ist hier - meine ich - gut zu erkennen, was für ein schönes Muster seine Flügel haben. 

Wie der Schmetterling auf seinem Flug, so können wir tatsächlich beim Lesen von Büchern auf Reisen gehen. Zum einen können wir sie natürlich richtig in den Koffer packen, wenn wir auf wirkliche Reisen gehen, und sie an anderen Orten lesen, wo wir vielleicht mehr Zeit dazu finden, wenn wir Ferien haben. Aber auch, wenn wir es uns zuhause mit ihnen auf dem Sofa - oder im Bett - oder auf dem Teppich - oder im Liegestuhl auf dem Balkon - oder in der Hängematte im Garten - oder auf einer Wiese unter einem Baum - oder wo immer Ihr mögt! - gemütlich gemacht haben, führen sie uns auf Reisen. In andere Gegenden. Oder in andere Zeiten. Und bringen uns auf neue Gedanken.



Manche Bücher wecken Erinnerungen, vor allem auch in uns Großen. Als Kind hatte ich viele Kinderbücher aus der DDR, denn damals stand die Mauer in Berlin noch, und es gab noch die beiden Teile Deutschlands und eine Grenze zwischen ihnen. Kinder, die in einem Teil davon lebten, bekamen meist von den Kindern im jeweils anderen Teil nicht so viel mit. Man wusste kaum etwas voneinander. Besuche waren eher selten. Im anderen Teil war alles ein bisschen anders; man wusste nicht, womit die Kinder sich dort beschäftigen und welche Bücher sie lesen. Auch im Fernsehen war nicht viel davon zu erfahren. So war das nun einmal. 

Ich bin in Südwestdeutschland geboren und aufgewachsen, aber ich hatte Verwandte und Freunde, die mir manchmal Kinderbücher aus der DDR schickten. Die meisten davon habe ich nicht mehr, aber an manche erinnere ich mich noch gut. Umso mehr habe ich mich gefreut, als vor wenigen Jahren bei einem Kinderbuchverlag eine Sammlung der schönsten Kindergeschichten der DDR aus 60 Jahren erschien. Hier traf ich alte Bekannte wieder, wie "Heiner und seine Hähnchen" von Benno Pludra, den Jungen mit den weißblonden Wuschelhaaren, der für seine Hühner Sand holen will, am Strand verschiedenen Vögeln begegnet, viele schöne Dinge entdeckt, träumt und schließlich einschläft, bis die Tiere ihn suchen gehen. Eine wunderschöne Ostsee-Geschichte eben! 

Ich fand in diesem Buch Märchen aus Russland und der Ukraine, und ebenso viele spannende, lustige und manchmal auch nachdenkliche Alltagsgeschichten von Kindern. Ob sie Kindern von heute noch gefallen könnten? Dies wollte ich doch zu gerne wissen und habe das Buch mit in den Kindergarten genommen. Und siehe da: Viele der Geschichten gefielen nicht nur, manche Kinder kannten sie sogar schon! Denn einige von ihnen haben Eltern, die damals in der DDR aufgewachsen sind und ihre eigenen Bücher von damals aufgehoben haben. Und so haben sie ihren Kindern daraus vorgelesen. Oder sie haben, wenn sie die Bücher nicht mehr hatten, die Geschichten erzählt, die sie aus ihrer Kindheit noch auswendig kannten.

Natürlich lebten die Kinder im Buch zu einer anderen Zeit. Es gab weniger Autos, auch noch keine Computer, und sie hatten einfacheres Spielzeug als die Kinder heute. Dennoch ist, was sie erleben, Kindern von heute ebenso vertraut. Denn Kinder beschäftigen zu allen Zeiten ähnliche Dinge. Kinder von früher oder von heute spielen gern und räumen weniger gern auf, - das geht den Großen übrigens oft nicht anders. Und so lieben auch die Kinder im Kindergarten die Geschichte vom Jochen, der nicht aufräumen wollte, bis die Spielsachen eines Tages beschlossen, auszuwandern. Oder die von Jörg, der Zahnweh hatte, weil er für sein Leben gern Süßes aß, aber vom Zähneputzen nicht viel wissen wollte. Oder eine Geschichte, die ich sehr oft vorlesen muss, weil manche Kinder sie wieder und wieder hören wollen: Von der Feuerwehr, wo der Kaffee kalt wird, weil immer wieder ein neuer dringender Einsatz dazwischen kommt und die wohlverdiente Pause verschoben werden muss. Die Kinder lieben besonders lustige, schräge Figuren wie Löschmeister Wasserhose und Wachtmeister Meier in der lebendigen Erzählung von Hannes Hüttner, und sie mögen auch den Wortwitz und mancherlei Sprachspiele in vielen der Geschichten. 

Unvergesslich "Der kleine Angsthase", dem plötzlich nichts anderes übrig bleibt, als Mut zu zeigen. Seine Erfinderin ist die irische Schriftstellerin Elizabeth Shaw, die mit ihrem Mann, einem Maler und Bildhauer, in Berlin-Zehlendorf lebte. Sie ist im Buch mit einer weiteren bezaubernden Geschichte vertreten: "Bella Belchaud und ihre Papageien" handelt von einer Schauspielerin, die ihren Beruf aufgeben musste, weil ihr Gedächtnis sie manchmal im Stich ließ, und es so natürlich schwierig ist, sich den Text einer Rolle zu merken. Dennoch zieht es sie - wie jeden, der einmal von der Liebe zum Theater ergriffen ist - zurück auf die Bühne. Wie ihr dies mit Hilfe ihrer klugen Papageien gelingt, sei hier nicht verraten!

Corinna Schiller (Hrsg.): "Erzähl mir vom kleinen Angsthasen -
Die schönsten Kindergeschichten der DDR"
Der Kinderbuch Verlag in der Verlagsgruppe Beltz, Weinheim und Basel 2009,
248 Seiten, € 14,95, ISBN 978-3-358-03076-9

Der Link zum Buch: Erzähl mir vom kleinen Angsthasen - Der KinderbuchVerlag

Nachdem dieser Leseclub für Kids zu meiner Freude einen erfolgreichen Start hatte, weiß ich dennoch nicht viel über die Leserinnen und Leser, die hier hereinschauen, denn ich bekomme Euch ja nicht selbst zu sehen. Sind es noch überwiegend große Lesefans - oder sind auch schon Kinder darunter? Solche, die schon lesen können? Oder solche, die sich von den Größeren vorlesen lassen? Ich versuche, eine Sprache zu finden, die möglichst Großen und Kleinen gerecht wird. Das ist nicht immer einfach und gelingt bestimmt auch nicht immer. Ihr dürft mir in Kommentaren gerne Rückmeldung geben!

Noch zum guten Schluss: Dies ist ein Blog über das Lesen, der meine eigene Lesefreude und die der Kinder, mit denen ich sie teile, weitergeben will. Es werden darin immer wieder einmal Bücher besprochen. Was ich jedoch nicht kann, ist eine Übersicht über die Vielzahl der Kinderbücher und Neuerscheinungen geben. Dies wäre für mich nicht zu schaffen. Hierzu gibt es weitere interessante Kinderbuchblogs mit hilfreichen Beiträgen, in die es sich lohnt, hineinzuschauen. Ich habe inzwischen einige von diesen hier auf der Seite verlinkt. Stöbert einfach meine Blogliste durch, dann werdet Ihr sie finden!

Ich wünsche Euch viele schöne, sommerliche Schmetterlingsflüge!

Liebe Grüße
und bis bald!

Eure Betty


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